Die kritische Rolle von CD-Tests bei der Glasfaser-Charakterisierung
Geschwindigkeit und Präzision sind zwei Hauptanforderungen, die an Glasfasernetze, die einsatzkritische Kommunikationsdaten übertragen, gestellt werden. Dabei ist es egal, ob sie Städte oder ganze Kontinente miteinander verbinden. Für Telemedizin, selbstfahrende Fahrzeuge, Videokonferenzen und andere bandbreitenintensive Anwendungen erwarten die Kunden heute immer schnellere FTTH-Strecken sowie den Zugang zu 5G-Mobilfunknetzen. Angesichts der wachsenden Verbreitung von Rechenzentren und der rasanten Fortschritte bei künstlicher Intelligenz (KI) und maschinellem Lernen (ML) in Verbindung mit steigenden Datenraten in den Netzwerken und Zubringerleitungen von 800G und mehr ist eine lückenlose Charakterisierung der Glasfaserstrecken unverzichtbar geworden.
Für eine umfassende Charakterisierung der Glasfaser sowie zur Sicherung einer hohen Netzwerkleistung erfordert die Norm ITU-T G.650.3 neben OTDR- und OLTS-Tests auch die Messung der chromatischen Dispersion (CD) und der Polarisationsmoden-Dispersion (PMD). Daher spielt das Management der CD eine wichtige Rolle bei der Gewährleistung der Integrität und Effizienz der optischen Übertragung.
Die chromatische Dispersion (CD) bezeichnet die Verbreiterung des Breitband-Lichtpulses über lange Strecken. Obwohl die CD eine natürliche Eigenschaft der Glasfaser ist, wird sie laut ITU-T G.650.3 bei Glasfasern, die Datenraten von mehr als 10 Gbit/s übertragen, zu einem Problem. Insbesondere in Highspeed-Kommunikationssystemen kann die chromatische Dispersion die Signalgüte deutlich beeinträchtigen. Um diese Herausforderung wirksam bewältigen zu können, werden aussagekräftige Tests benötigt.
Was ist die chromatische Dispersion?
Die CD bewirkt bei einem Lichtpuls, der aus mehreren Wellenlängen besteht und über eine Glasfaser übertragen wird, eine Impulsverbreiterung und damit möglicherweise eine Überlappung und Verzerrung. Das bedeutet letztendlich eine Beeinträchtigung der Qualität des gesendeten Signals. Bei der chromatischen Dispersion wird nach der Materialdispersion und der Wellenleiterdispersion unterschieden.
Die Materialdispersion tritt bei allen Glasfasertypen auf. Sie führt dazu, dass unterschiedliche Wellenlängen bei verschiedenen Geschwindigkeiten übertragen werden, so dass diese Wellenlängen zu unterschiedlichen Zeitpunkten am fernen Ende des Transceivers eintreffen.
Die Wellenleiterdispersion liegt in der Wellenleiter-Struktur der Glasfaser begründet, da sich die optischen Signale sowohl im Kern als auch im Mantel der Glasfaser, die jeweils unterschiedliche Brechungsindizes (IOR) aufweisen, ausbreiten. Dadurch variiert der Modenfelddurchmesser und die Signalgeschwindigkeit schwankt in Abhängigkeit von der Wellenlänge.
Da jedoch ein gewisses CD-Niveau benötigt wird, um andere nichtlineare Effekte zu vermeiden, ist ein CD-Wert von Null nicht wünschenswert. Allerdings ist es notwendig, die CD auf einen akzeptablen Wert zu begrenzen, um negative Auswirkungen auf die Signalintegrität und die Dienstgüte (QoS) zu vermeiden.
Einfluss des Fasertyps auf die CD
Obgleich es sich bei der CD, wie bereits erwähnt, um eine natürliche Eigenschaft der Glasfaser handelt, spielt der Fasertyp eine wichtige Rolle beim Management der chromatischen Dispersion. Netzbetreiber können sich für Glasfasern mit „natürlicher“ Dispersion oder für einen Fasertyp entscheiden, bei dem die Dispersion verschoben wurde, um die Auswirkungen der CD in bestimmten Wellenlängenbereichen zu verringern.
In den heutigen Netzwerken am häufigsten eingesetzt wird die Glasfaser ITU-T G.652 mit natürlicher Dispersion. Die Empfehlung ITU-T G-653 definiert eine dispersionsverschobene Faser (DSF), die keine DWDM-Übertragungen unterstützt, während G.655 eine von Null abweichende dispersionsverschobene Glasfaser (NZDSF) mit einem niedrigeren CD-Wert spezifiziert, die jedoch für Langstrecken optimiert und kostenintensiver ist.
Letzten Endes ist es wichtig, dass der Netzbetreiber weiß, welcher Fasertyp in seinem Netzwerk installiert ist. Wenn größtenteils G.652-Fasern zum Einsatz kommen, aber auch ein anderer Fasertyp vorhanden ist, besteht ohne Messung der CD auf allen Übertragungsstrecken die Gefahr, dass die geforderte Dienstgüte nicht gewährleistet werden kann.
Bewältigung der CD-Herausforderungen
In homogenen Netzwerken, in denen der Fasertyp bekannt ist und die Transceiver entsprechend abgestimmt werden können, mögen CD-Tests weniger wichtig erscheinen. In heterogenen Netzen, die aus unterschiedlichen Fasertypen bestehen, erhält die umfassende Charakterisierung der Glasfasern jedoch eine besondere Dringlichkeit.
Der Einsatz willkürlich ausgewählter Transceiver an unbekannten Fasertypen führt möglicherweise zu Störungen oder sogar zum Ausfall der Dienste. Beispielsweise können nichtlineare Effekte auftreten, wenn kohärente Transceiver und Verstärker großer Reichweite an dispersionsverschobene Glasfasern angeschlossen werden.
In dieser Umgebung setzt der Dispersionsanalysator FTBx-570 von EXFO für Tests von einem Leitungsende (Single-Ended) völlig neue Maßstäbe. Diese innovative Lösung ist der branchenweit einzige Tester dieser Art, der im Rahmen der vom Netzbetreiber durchgeführten umfassenden Glasfaser-Charakterisierung auch schnelle Single-Ended-Tests der chromatischen Dispersion (CD) und der Polarisationsmoden-Dispersion (PMD) durchführt.
Da der FTBx-570 Datenraten von 800G und darüber unterstützt, kann er dazu beitragen, die Integrität der Dienste in Metro-, Kern-, DCI- und xHaul-Mobilfunk-Netzen zu gewährleisten. Die Tests von nur einem Leitungsende versetzen die Techniker in die Lage, mehrere optische Übertragungsstrecken in weniger als 30 Sekunden effizient von einem zentralen Standort aus zu charakterisieren. Dadurch sinken der Zeitaufwand für die Bereitstellung des Netzes sowie die Betriebskosten.
Ein Blick in die Zukunft
Die chromatische Dispersion (CD) bleibt eine Herausforderung, die bewältigt werden muss, um die Zuverlässigkeit und Effizienz von Highspeed-Kommunikationssystemen sicherzustellen. Um den komplexen Anforderungen der CD gerecht zu werden, ist eine umfassende Charakterisierung der Glasfaser unverzichtbar. Die geforderten Tests vermitteln den Technikern die aussagekräftigen Einblicke, die sie benötigen, um die Infrastruktur für die einsatzkritischen Übertragungen zu planen, bereitzustellen und zu warten. Mit der Weiterentwicklung und zunehmenden Verbreitung von Netzwerken wird EXFO auch in Zukunft innovative Lösungen auf den Markt bringen, um immer einen Schritt voraus zu sein und die Einführung moderner Technologien zu fördern.